Die Gewöhnliche Wegwarte – Schönheit mit vielen Vorzügen

Die Gewöhnliche Wegwarte – Schönheit mit vielen Vorzügen

Cichorium intybus


In den letzten Jahren haben wir uns mit so vielen Wildpflanzen beschäftigt – die Wegwarte haben wir seltsamerweise dabei ein wenig vernachlässigt.

Dabei ist sie eine Pflanze mit besonderen heilkundlichen und kulinarischen Vorzügen! Sie wächst unbeirrbar an jedem Straßenrand – und nebenbei ist sie auch noch wunderschön. In diesem Beitrag gehen wir näher auf die blaue Schöne vom Wegesrand ein.

Zunächst die wichtigsten botanische Eckdaten:

Die Gewöhnliche Wegwarte (Cichorium intybus), auch Zichorie oder einfach nur Wegwarte genannt, ist ein in den flachen und hügeligen Regionen Mitteleuropas weit verbreiteter Korbblütler (Asteraceae). Sie kann auch in den Alpen bis über 1500 Meter Seehöhe gedeihen. Die sehr salztolerante Pflanze bevorzugt warme, trockene Standorte und gedeiht auf Kalk- und Lehmböden. Als Pionierpflanze besiedelt die Wegwarte gerne Brachflächen, Äcker, Weiden, Böschungen und nicht zuletzt wegen ihrer Resistenz gegenüber Salz, Wärme und Trockenheit vor allem Straßen- und Wegränder.

Die mehrjährige Pflanze blüht ab dem
2. Lebensjahr, doch schon im ersten Lebensjahr bildet sie als Tiefwurzler eine lange Pfahlwurzel und eine grundständige Blattrosette aus.

In diesem Stadium kann sie sehr leicht mit dem Wiesen-Löwenzahn (Taraxacum officinale agg.) verwechselt werden.
Es ist gar nicht so einfach, junge Wegwarten von Löwenzähnen zu unterscheiden. Selbst ein geschultes Auge muss hier genau hinsehen, um die feinen, kleinen Unterschiede zu bemerken.

Ein gutes Unterscheidungsmerkmal sind die zahlreichen, feinen, aber festen Borstenhaare auf der Blattunterseite.

Darüber hinaus besitzt die Wegwarte weniger Milchsaft als der Wiesen-Löwenzahn, der auch eher durchsichtig und nicht weiß ist.

Die Blattränder der grundständigen Blätter der Wegwarte sind gezähnt und zugespitzt bis abgerundet.

Zur Blütezeit im 2. Lebensjahr wächst ein sparrig verzweigter, holziger, maximal 120 cm hoher Stängel mit zahlreichen Blütenkörben aus der Blattrosette. Die hübschen, meist himmelblauen Blütenkörbe sitzen an den Achseln der Verzweigungen oder an den Enden der Seitentriebe.

Wie der Wiesen-Löwenzahn besitzt die Wegwarte ausschließlich Zungenblüten. An ihren Enden sind diese mit jeweils 5 Zähnchen versehen.
Die himmelblaue Blütenfarbe ist innerhalb der Familie der Korbblütler unter den Vertretern mit Milchsaft übrigens eine Ausnahme! In seltenen Fällen kann die Wegwarte auch weiß oder rosa blühen.

Die wechselständig am Stängel angeordneten, sitzenden Blätter sind relativ klein und geteilt bis ungeteilt. Nach der Blüte reifen in den Körben kleine, kantige, nur wenige Millimeter große Nussfrüchte heran.

Verschiedene bitterstoffreiche Salate wie Zuckerhut, Radicchio, Chicorée und Endivie sind durch Züchtung aus der Wegwarte hervorgegangen und gehören damit ebenfalls zur Gattung der Wegwarten.
Die Wurzel-Wegwarte (Cichorium intybus var. sativum), aus der professionell Wegwartenkaffee hergestellt wird, ist ebenfalls eine Zuchtform mit sehr großer, bis zu 500 g schwerer Rübe!
Wir können Zichorienkaffee allerdings genauso aus der wilden Wegwarte vom Straßenrand herstellen. Der Geschmack ist fast gleich – nur der Ertrag ist etwas geringer.

Die Wegwarte steht seit alters her symbolisch für treue, unbeirrbare Liebe und Standhaftigkeit.
In vielen Geschichten ist diese Liebe meist mit sehnsüchtigem, vergeblichem Warten verbunden.
Man glaubte früher auch an die Zauberkraft der Wegwarte. Vor allem weißblühende Wegwarten sollten denjenigen, der die Blüte bei sich trug, unsichtbar machen, eine am 29. Juni (Peter und Paul) ausgegrabene Wurzel gar Schlösser aufspringen lassen. Lange hielt sich auch der Glaube, dass Wegwartenblüten verwunschene Menschen sind. Die Geschichten, die sich um die Wegwarte ranken, könnte lange fortgesetzt werden…

Schon im Altertum war die Wegwarte eine anerkannte Heilpflanze. So schreiben beispielsweise Dioskurides und Plinius über ihre adstringierende und magenberuhigende Wirkung. Funde aus der Bronzezeit bestätigen ihre Verwendung in Mitteleuropa seit langer Zeit.
In den Kräuterbüchern des 16. Jahrhunderts wird die Wegarte als wichtiges Mittel bei Magen-, Leber-, Nieren- und Drüsenleiden sowie bei Fieber beschrieben. Hieronymus Bock widmet der Pflanze in seinem Kreutterbuch mehrere Seiten und empfiehlt beispielsweise einen Dekokt aus in Wasser oder Wein gekochter Wegwartenwurzel zur Pflege von Milz und Leber. Auch eine blutreinigende Frühjahrskur wird schon in diesen Werken empfohlen.

Auch heute noch verwendet man Auszüge aus verschiedenen Pflanzenteilen des Wegwarte bei den oben genannten Indikationen – unsere Vorfahren wussten also schon gut Bescheid!
Die Wegwarte kommt heute wie damals auch aufgrund ihrer appetitanregenden, verdauungsfördernden, adstringierenden und entzündungshemmenden Eigenschaften zur Anwendung. Auszüge vor allem aus Wurzeln und Blättern zeigen gute Erfolge bei rheumatischen Beschwerden und besitzen cholesterinsenkende, antibakterielle und antidiabetische Wirkung.
Die Wegwarte gilt seit alters her als Stärkungsmittel für die Bauchspeicheldrüse und wird volksmedizinisch bei Diabetes eingesetzt. In Bezug auf Diabetes gibt es vor allem in den letzten 20 Jahren verschiedene interessante Studien – hier kommt immer häufiger auch ein Extrakt aus den Samen mit Erfolg zur Anwendung.
Blätter, Wurzeln und Samen werden meist als Tee, Tinktur oder Pflanzensaft verwendet.

Kräuterpfarrer Weidinger erwähnt übrigens in einem seiner ersten Werke, dass er für heilkundliche Anwendungen vor allem die Wildform der Wegwarte Cichorium intybus und nicht die ertragreichere Wurzel-Wegwarte (Cichorium intybus var. sativum), was wir durchaus einleuchtend finden.

Die Blüten der Wegwarte sind auch als Bachblüte Nr. 14 (Chicory) bekannt und stehen in diesem Zusammenhang dafür, sich selbstloser Liebe zu nähern und den Menschen aus egoistischen Liebesverhältnissen zu befreien.

Hier die interessanten Inhaltsstoffe der Wegwarte zusammengefasst: Vor allem in Blättern und Wurzeln ist viel Inulin (50-60%) enthalten, darüber hinaus Vitamin C, Calcium, Magnesium, Eisen und Kalium. Ebenso ist die Pflanze reich an Bitterstoffen und Chicoréesäure.

Kulinarisches zur Wegwarte findest du in diesem Beitrag!

Interssante Literatur zum Thema:

Bäumler, Siegfried: Heilpflanzenpraxis Heute. Arzneipflanzenporträts. 3. Aufl., München: Elsevier, 2021.
Bock, Hieronymus: Kreütterbuch, darin underscheidt, Nammen und Würkung der Kreütter, Stauden, Hecken unnd Beumen, sampt ihren Früchten, […]. Item von den vier Elementen, zamen und wilden Thieren, […]. Jetzund auffs new mit allem fleiß vbersehen, und mit vilen nützlichen Experimenten gebessert und gemehrt. […] Durch den Hochgelehrten Melchiorem Sebizium Silesium. Straßburg: Rihel 1577, Digitalisat Bayrische Staatsbibliothek, München.
Petrović Aleksandra et al.: Antidiabetic effects of polyherbal mixture made of Centaurium erythraea, Cichorium intybus and Potentilla erecta. J Ethnopharmacol. 2023 Aug 13;319(Pt 1):117032. doi: 10.1016/j.jep.2023.117032. Epub ahead of print. PMID: 37582477.
Pourfarjam Yasin et al.: Effect of Cichorium intybus L. seed extract on renal parameters in experimentally induced early and late diabetes type 2 in rats. Ren Fail. 2017 Nov;39 (1): 211-221. doi: 10.1080/0886022X.2016.1256317. Epub 2016 Nov 16. PMID: 27846769; PMCID: PMC6014526.
Weidinger, Hermann Josef: Heilkräuter anbauen, sammeln, nützen, schützen. Wien – Heidelberg: Ueberreuter, 1983.

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