Gemeiner Spaltblättling – vielseitiger Vitalpilz

Gemeiner Spaltblättling – vielseitiger Vitalpilz

Schizophyllum commune


Der Gemeine Spaltblättling (Schizophyllum commune) ist ein kleiner, sehr häufiger und in seiner Bedeutung so facettenreicher Pilz, dass er besondere Aufmerksamkeit verdient hat – auch wenn er nur mit Bedacht verwendet werden sollte.

Ihr könnt den Gemeinen Spaltblättling im Herbst und Winter vor allem in Laubwäldern bei nahezu jedem Spaziergang entdecken. Die Fruchtkörper, die wie kleine Schneeflöckchen auf abgestorbenen Laubholzstämmen sitzen, werden im allgemeinen von niemandem beachtet, doch ein genauerer Blick lohnt sich: Spaltblättlinge sind kleine Augenweiden mit großem Potential!
Hier einige Details zu diesem spannenden Pilz, der auf allen Erdteilen aus der Antarktis zu finden ist:

Sein zarter, muschelförmiger Hut wir kaum größer als 4 cm und ist meist weiß oder fleischfarben, in fortgeschrittenem Alter oft grau. Oberseits ist der Fruchtkörper etwas struppig bis striegelig behaart, der Hutrand eingerollt.
Die Hutbasis ist direkt am Holz angewachsen, ein Stiel ist meist nicht vorhanden, und wenn, dann nur rudimentär ausgebildet.

Auf der Hutunterseite finden wir fleischfarbene bis rosa Pseudolamellen, die an der Anwachsstelle zusammenlaufen und sich in Richtung Hutrand gabelartig aufspalten. Pseudolamellen sehen zwar aus wie Lamellen, sind aber eigentlich zahlreiche eng miteinander verwachsene Fruchtkörper. Sie sind sehr fest und lassen sich auch durch festes Zusammendrücken nicht zerquetschen – übrigens ein gutes Erkennungsmerkmal für den Spaltblättling!

Das Sporenpulver von Spaltblättlingen ist weiß bis zart rosa, das Pilzfleisch zäh und elastisch, grau bis weiß und dünn. Der Geruch des Pilzes ist unserer Ansicht nach meist neutral.

Als Folgezersetzer gedeiht der Spaltblättling bevorzugt auf abgestorbenen Laubbäumen, häufig an Rotbuche und Hainbuche, selten an toten Nadelbäumen. Er befällt auch noch lebende Bäume als Wundparasit (z.B. durch Verletzungen der Rinde). Selbst auf Komposthaufen und in Siloballen wächst der Pilz und kann so Schäden in der Landwirtschaft verursachen.

Lebensweise und Sammelzeit: Die Fruchtkörper treten ganzjährig auf und können innerhalb von zwei Wochen einen gesamten Lebenszyklus durchlaufen. Sie können ganzjährig gesammelt werden, vorwiegend aber von Herbst bis Frühjahr.
Meist finden wir viele Fruchtkörper neben und übereinander gruppiert.

Der Gemeine Spaltblättling besitzt eine Vielzahl an interessanten Inhaltsstoffen. In erster Linie sind heilkundlich bedeutende Polysaccharide in den Zellwänden des Pilzes (z.B. β-Glucane,
v.a. Schizophyllan, auch Chitin) zu erwähnen. Der Pilz beinhaltet auch einen hohen Anteil an Proteinen, ätherische Öle, Lektine, Cerebroside, Enzyme (z.B. Lactat-dehydrogenase), Schizostatin, Mineralstoffe und B-Vitamine.

Verwendung als Heilpilz:
Volksmedizinsch wird der Gemeine Spaltblättling in vielen Ländern auf unterschiedlichen Kontinenten verwendet. Auch in der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) ist er ein geschätzter Heilpilz. Selbst in der westlichen Medizin kommt er mittlerweile begleitend bei Krebserkrankungen zur Anwendung. Da der Pilz als Modellorganismus für wissenschaftliche Studien dient, ist er einer der am besten untersuchten Pilze, die wir kennen.

Der Gemeine Spaltblättling kommt zur Immunstärkung, nach Operationen und bei der Behandlung verschiedener Krebserkrankungen (v.a. Karzinome in Lunge, Magen, Atemwege, Kopf, Nacken und bei Gebärmutterhalskrebs) zur Anwendung. Vor allem das in den Zellwänden enthaltene Polysaccharid Schizophyllan ist für die tumorhemmende Wirkung des Pilzes verantwortlich. Es wird mittlerweile medizinisch oft in Kombination mit Strahlen- oder Chemotherapie angewendet. Mittlerweile belegen große klinische Studien (u.a. aus den USA) die deutlich längere Überlebensrate von Krebspatienten bzw. die größeren Chancen auf vollständige Heilung. Auch die Nebenwirkungen konventioneller Therapien können dadurch gelindert werden.

Schizophyllan besitzt auch antibiotische, antivirale, pilzfeindliche, entzündungshemmende und antioxidative Wirkung und kommt unter anderem bei HIV-Infektionen und Hepatitis B zur Anwendung. Auch bei Hauterkrankungen und in der Kosmetikindustrie schätzt man den Inhaltsstoff, der eine Verbesserung der Hautbarrierefunktion und der Zellkommunikation zwischen Hautzellen bewirken kann. Dies führt unter anderem zu einer verringerten Faltenbildung, weshalb Schizophyllan immer öfter Bestandteil hochwertiger Hautpflegeprodukte ist.

Der Spaltblättling enthält auch den Inhaltsstoff Schizostatin, der zur Senkung des Cholesterinspiegels beitragen kann. Volksmedizinisch kommt der Pilz auch bei Schwächezuständen zum Einsatz. In China kombiniert man ihn dazu gerne mit Eiern, was eine besondere Stärkung des Organismus bewirken soll.

Möchte man Spaltblättlinge selbst volksmedizinisch nützen, so ist die einfachste Art der Anwendung die eines Teeauszugs in Form eines Dekokts. Die frischen oder getrockneten Fruchtkörper sollten 30 Minuten kochen.
Auch Tinkturen mit Alkohol, erweiterte Tinkturen (Dualextraktionen), Trockenextrakte oder Ölauszüge für Salben und Cremes können einfach hergestellt werden.

Kulinarische Verwendung:
In Europa gilt der Spaltblättling als ungenießbar und wird in manchen Quellen sogar als giftig angeführt. Wobei, wenn man es genau nimmt, so war der kleine Pilz vor sehr langer Zeit vielleicht doch ein beliebter Speisepilz: Die Neandertalerfunde in der Höhle von El Sidrón in Spanien ergaben nach genauer Analyse auch die Reste von Spaltblättlingen zwischen den Zähnen der Skelette.

In Südostasien, Indien und Mexiko wird der Spaltblättling häufig gegessen. Die kleinen, zähen Fruchtkörper werden meist weichgeklopft und anschließend mit Gemüse und Fisch gekocht oder püriert. Aufgrund ihres hohen Proteingehalts sind Spaltblättlinge ein guter Fleischersatz.
Als Freunde der Käseherstellung finden wir es besonders spannend, dass der Spaltblättling sich auch für die Dicklegung von Milch, also zur Käseherstellung, eignet. Dafür ist das im Pilz enthaltene Enzym Lactat-dehydrogenase verantwortlich.

Der Spaltblättling besitzt allerdings nicht nur positive Eigenschaften: In seltenen Fällen kann das Einatmen seiner Sporen zu sehr gefährlichen Begleiterscheinungen führen: Die Pilzsporen können in den Nasenschleimhäuten, im Gehirn oder in der Lunge keimen und schwerwiegende gesundheitliche Folgen haben. Vor allem Menschen mit schwachem Immunsystem oder Diabetiker dürften selten, aber doch manchmal davon betroffen sein. Wird der Pilz gekocht oder in Alkohol eingelegt, geht allerdings keine Gefahr von ihm aus.

Wir verarbeiten den Spaltblättling gerne in hautberuhigenden Salben und erfreuen uns immer wieder an seinem Anblick und seinen interessanten Eigenschaften.
Haltet die Augen im winterlichen Laubwald offen – die hübschen kleinen „Schneeflöckchen“ mit großem Wirkungsspektrum werden euch sicher auffallen!

Kleine Literaturauswahl:

– Chen X, Sun J, Chen Y, Wang J, Liu S. Pneumonia caused by Schizophyllum commune in a patient with diabetes: A case report and comprehensive literature review. Medicine (Baltimore). 2023 Jun 2;102(22):e33773. doi: 10.1097/MD.0000000000033773. PMID: 37266650; PMCID: PMC10237693.: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/37266650/
– Dinçer E, Işık H, Hepokur C, Tutar U, Çelik C. Cytotoxic, Antioxidant, Antibiofilm, and Antimicrobial Activities of Mushroom Species from Turkey. Int J Med Mushrooms. 2023;25(6):75-86. doi: 10.1615/IntJMedMushrooms.2023047802. PMID: 37522534: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/37522534/
https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/news/artikel/2017/03/09/neandertaler-nutzten-offenbar-gezielt-arznei-stoffe/chapter:2
https://www.123pilzsuche-2.de/daten/details/Spaltblaettling.htm
– Guthmann, Jürgen: Heilende Pilze. Die wichtigsten Arten der Welt. Beschreibung – Inhaltsstoffe – Wirkung. Wiebelsheim: Quelle & Meyer, 2021. 2. Aktualisierte u. erw. Aufl., S. 157ff.
– Hobbs, Christopher: Ganzheitliche Anwendung von Heilpilzen. Vital und gesund mit Pilzen in Hausapotheke und Küche. (o.O.): Herba Press, 2022, S. 137ff.

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