Wir freuen uns sehr darüber, wenn das Thermometer in der Nacht nun endlich manchmal unter Null Grad anzeigt. Auch die Samtfußrüblinge, unsere Winter-Highlights unter den Pilzen, freut das.
Neben einigen anderen Winterpilzen, die einen Kälteschock zum Ausbilden von Fruchtkörpern brauchen, finden wir unseren Lieblingspilz erst nach dem ersten Kälteeinbruch.
Der Gemeine Samtfußrübling mag es nicht wärmer als plus 15 Grad Celsius und übersteht selbst längeren Frost gut.
Auch wenn der Pilz in Mitteleuropa sehr häufig ist, zählt er bei uns keinesfalls zu den bekannten Speisepilzen. In China, Japan und anderen Ländern Ostasiens ist er dagegen einer der wichtigsten Pilze in Küche und Heilkunde. Er wird übrigens in China schon seit über 1000 Jahren gezüchtet.
Zumindest im asiatischen Raum belegen viele aussagekräftige Studien das große heilkundliche Potential des Samtfußrüblings, der in diesen Ländern auch medizinisch genutzt wird.
Einige Details zur Bestimmung des Gemeine Samtfußrüblings (Flammulina velutipes):

Der Gemeine Samtfußrübling gedeiht vor allem auf abgestorbenen oder geschwächten Laubhölzern.
Dabei bevorzugt er Weiden und Pappeln, kommt aber auch auf anderen Laubbäumen vor. Wir finden ihn meist auf Salweiden („Palmkätzchen“).
Um Fruchtkörper auszubilden benötigt der Pilz einen Kälteschock, bei dem eine Temperaturschwelle von Null Grad Celsius unterschritten wird. Damit viele Fruchtkörper ausgebildet werden, sollte die Temperatur konstant unter 15 Grad Celsius liegen. Spezielle Zuckerverbindungen und Eiweiß-Moleküle ermöglichen es dem Samtfußrübling, dass seine Fruchtkörper bei Frost einfrieren, aber nicht absterben. Sie stellen nur ihr Wachstum ein und wachsen bei Temperaturen über Null Grad weiter.

Der Hut besitzt einen Durchmesser von 3 bis 10 cm (selten bis 15 cm). Die Hutoberseite ist meist etwas schleimig oder klebrig und honiggelb bis rostbraun gefärbt. Die hellen Lamellen sind ausgebuchtet und am Stiel angewachsen. An der Anwuchsstelle weisen sie einen sogenannten Burggraben (= Vertiefung) auf.
Die Hauptlamellen reichen vom Hutrand bis zum Stiel, die Zwischenlamellen sind kürzer.
Der ringlose, hohle, gelb bis ockerfarbene Stiel ist meist 5-10 Zentimeter hoch, selten höher. In Richtung Stielbasis ist der Stiel auffällig dunkel gefärbt und samtig – daher stammt der Name „Samtfußrübling“.
Wir finden den Gemeinen Samtfußrübling zwischen September und April, wobei er in unseren Breiten meist ab November häufig zu finden ist.
Als traditioneller Heilpilz kommt der Gemeine Samtfußrübling in China und Japan bei Bluthochdruck, Lebererkrankungen und Magenproblemen zur Anwendung kommt. Die leberstärkenden Eigenschaften des Pilzes sind für eine gesunde Psyche von Vorteil, weshalb der regelmäßige Konsum von Samtfußrüblingen auch stimmungsaufhellend wirken kann.
Schon in den 1960er Jahren bemerkte man in Japan in Regionen, in denen der Samtfußrübling gezüchtet wurde, weit weniger Krebserkrankungen als in den anderen Teilen des Landes. Umfangreiche Studien ergaben, dass dies mit dem besonders hohen Verzehr des Pilzes in diesen Regionen zu tun hatte. Viele Studien aus dem asiatischen Raum belegen mittlerweile, dass vor allem die beiden Glykoproteine Proflamin und Flammulin für die antitumorale Wirkung des Pilzes verantwortlich sind.

Der Samtfußrübling gilt heute in Ostasien vor allem bei Brustkrebs und Prostatakrebs und bei Sarkomen als wichtiger Heilpilz. Auch bei Allergien und Nahrungsmittelunverträglichkeiten kommt er zum Einsatz, da die Einnahme des Pilzes den Blut-Histamingehalt reduziert. Nicht zu vergessen sind seine virenhemmenden, gefäßerweiternden und blutdruckregulierenden Eigenschaften.
Um die gesundheitlich interessanten Inhaltsstoffe für unseren Körper verfügbar zu machen, sollte der Pilz so oft wie möglich gegessen werden. Laut Studien müssten allerdings über einen längeren Zeitraum 30 bis 50 g frische Pilze verzehrt werden. Diese Menge wird man selbst bei sehr engagierter Pilzsuche wohl nicht dauerhaft schaffen, aber wir können uns den Pilz auf verschiedene Art in unsere Küche holen bzw. zu uns nehmen:
Da wir den Samtfußrübling über einen langen Zeitraumin der Natur sammeln können, können wir auf einfache Weise Vorräte mit ihm anlegen. Geht er einmal aus, so kann er frisch als Enoki (die japanische Zuchtform) gekauft werden und noch dazu lässt er sich gut in Haus und Garten züchten. Auch die Einnahme von Pilzextrakten aus seriösen Quellen ist zu empfehlen.
Zu den kulinarischen Verwendungsmöglichkeiten des Pilze findest du in diesem Blogbeitrag genauere Infos!
Samtfußrüblinge bestehen übrigens zu 89 % aus Wasser. Die verbleibenden 11 % Trockenmasse setzen sich vor allem aus Proteinen, Kohlehydraten, Mineralstoffen, Fetten, Vitaminen (z.B. Vitamin B3 – Niacin), Sesquiterpenen und Sterolen zusammen.
Der Gemeine Samtfußrübling hat einige giftige Verwechslungpilze, die man zwar mit etwas Kenntnis sehr gut bestimmen kann, auf die wir aber hinweisen möchten.
So kann man ihn mit dem tödlich giftigen Gifthäubling (Galerina marginata) und mit dem ebenfalls giftigen Grünblättrigen Schwefelkopf (Hypholoma fasciculare) verwechseln.
Der Gifthäubling wächst im Vergleich zum Samtfußrübling zwar bevorzugt auf abgestorbenen Nadelbäumen, kommt aber auch auf abgestorbenen Laubbäumen vor. Wir finden ihn von August bis November, während der Samtfußrübling erst ab den ersten kalten Nächten mit der Ausbildung von Fruchtkörpern beginnt. Es gibt allerdings eine Zeitspanne, in der beide Pilze gedeihen! Der Gifthäubling unterscheidet sich vom Samtfußrübling durch einen braun bis silbrigen, flockig-faserig überzogenen Stiel, der immer einen dünnen, zumindest angedeuteten Ring aufweist – ein gutes Unterscheidungsmerkmal!
Der Grünblättrige Schwefelkopf wächst gerne an toten Laub- und Nadelholzbaumstümpfen. Ihn finden wir von Mai bis in den Winter. Die Hutoberseite ist schwefelgelb bis rotbraun und zum Rand hin oft heller.
Die Hutoberseite ist im Gegensatz zum Samtfußrübling trocken, der Stiel in Gelbtönen, zur Spitze hin meist hellgelb bis schwefelgelb. Die Lamellen sind im jungen Zustand grüngelb und im Alter dunkelbraun.
Hier geht es weiter zum nächsten Blogbeitrag zum Samtfußrübling kulinarisch!
Gemeiner Samtfußrübling Grünblättriges Schwefelköpfchen Gifthäubling
Hier einige interessante Interessante Literaturquellen, die wir verwendet haben:
– Guthmann, Jürgen: Heilende Pilze. Die wichtigsten Arten der Welt. 2. Aufl., Wiebelsmheim: Quelle & Meyer, 2020.
– Rebensburg, Philip u. Andreas Kappl: Gesund mit Heilpilzen. Immunsystem stärken, Krankheiten heilen und Beschwerden lindern. München: Riva, 2020.
– Tang, Calyn (u.a.): Golden Needle Mushroom: A Culinary Medicine with Evidenced-Based Biological Activities and Health Promoting Properties. In: Frontiers in pharmacology. 07 Dec. 2016.